Helfen für den eigenen Zweck

Anderen Menschen zu helfen, gibt uns doch ein gutes Gefühl, oder? Klar, es hilft auch den Betroffenen. Aber auch als helfende Person beglückt mich mein freiwilliger Einsatz. Und genau diese Freiwilligkeit ist dann nicht mehr gegeben, wenn ich das Helfen als Mittel zum Zweck nutze, um meinen Selbstwert aufzupolieren. Genau dann ist die Rede vom Helfersyndrom. Helfen, um gebraucht zu werden, entspricht dabei nicht der Tugend einer hilfsbereiten Tat. Ob auch du einen “Needy Hero” in dir trägst, wie sich dieser entwickelt hat und wie du dich von ihm lösen kannst, erfährst du in diesem Beitrag.

Die Tücken übersteuerter Hilfsbereitschaft

Hilfsbereitschaft zahlt sich aus! Das zeigte eine Studie der Yale University. Anderen Menschen zu helfen, wirkt sich positiv auf unser Wohlbefinden aus. Hilfsbereitschaft dient also nicht nur unseren Mitmenschen, sondern auch uns selbst. Wie jede Eigenschaft, besitzt auch die Hilfsbereitschaft eine “dunkle” Seite oder auch einfach einen Pol, der bei Übersteuerung negative Folgen und Auswirkungen mit sich bringt. Wann immer wir einem Ideal unbedingt nachkommen wollen, birgt das die Gefahr, dass wir uns und unseren Mitmenschen schaden könnten.

Opferst du dich für andere auf?

Im Falle der Hilfsbereitschaft steht das Helfersyndrom für den “negativen” Pol, der dann zum Vorschein kommt, wenn wir es mit der Hilfsbereitschaft übertreiben. Es gibt verdammt viele Menschen, die ihr Helfersyndrom als Ausrede für ihr aufopferungsvolles Verhalten verwenden. Der Begriff „Syndrom“ stammt aus der Medizin und beschreibt eine typische Kombination einzelner Merkmale, die einen krankhaften Prozess bestimmen. Besonders in Bezug auf die menschliche Psyche ist die Grenze zwischen gesund und krank verdammt schwer zu ziehen.

Unsere Gesellschaft liebt moralisches Verhalten

Zudem ist es gar nicht so einfach, übersteuerte Hilfsbereitschaft zu kritisieren, weil altruistisches Verhalten in unserer Gesellschaft als etwas total Moralisches und Reines betrachtet wird. Niemand möchte als egoistisches Arschloch abgestempelt werden. Menschen mit einem Helfersyndrom tragen einen „Needy Hero“ in sich. Der Needy Hero stammt aus meiner eigenen Feder und Realtalk, der Name ist Programm. Der Held, der bedürftig ist und Vorteile daraus zieht, gebraucht zu werden.

Geringes Selbstwertgefühl ausgleichen

Ob du einen Needy Hero in dir trägst, weißt du, wenn du zum Beispiel harte Schuldgefühle hast, sobald du mal nicht helfen kannst, Menschen anziehst, die immerzu irgendwelche Probleme haben oder super enttäuscht bist, wenn dein Einsatz nicht ausreichend gewürdigt wurde. Ein Needy Hero leidet unter einem geringen Selbstwertgefühl. Das möchte diese Person nicht fühlen, weshalb sie das durch diverse gute Taten ausgleichen will. Getreu dem Motto: “Ich helfe anderen, also bin ich etwas wert”. Dadurch entstehen aber auch überlegen Gefühle gegenüber der Person, der geholfen wird.

Jeder Held braucht ein Opfer

Im Drama-Dreieck, bestehend aus Täter, Held und Opfer, würde das bedeuten, dass du als Held die Stärken des Opfers (der zu helfenden Person) unterschätzt und sie dabei unterstützt in ihrer Rolle zu bleiben. Macht ja auch Sinn, denn ohne Opfer bräuchte es dich als Hero nicht. Als Problemlöser übernimmst du dann das Denken für anderen und ziehst damit Menschen an, die z.T. recht labil, psychisch-instabil, süchtig sind, gepflegt werden müssen oder finanzielle bzw. berufliche Probleme haben.

Abgrenzung ist nicht egoistisch

Als Hero galoppierst du mit deinem weißen Ross herbei und befreist deine Mitmenschen von ihrem Leid und bist damit ganz wichtig für sie. Leider tust du dabei aber auch Dinge, die du eigentlich gar nicht tun möchtest und überschätzt deine eigenen Skills. Als Needy Hero übernimmst du auch ungefragt die Verantwortung und glaubst unbewusst es sei „böse“ sich auf sich selbst zu fokussieren und sich auszuleben. Dabei wird das Fass an Aufmerksamkeit und Wertschätzung, dass du gerne gefüllt bekommen möchtest, nie ganz voll. Das liegt daran, dass kein Kompliment im außen ausreicht, um das zu füllen, was es in deinem Inneren braucht.

Welche Rolle nimmst du in deiner Familie ein?

Übrigens bin ich selbst über Jahre hinweg eine solche edle Retterin gewesen. Wenn ich vielleicht etwas gewitzt über dieses Thema schreibe, dann nur dann, weil ich genau weiß, wovon ich spreche. No shaming! Wir haben jedoch viel zu wenig Zeit für einen weiteren „durch-die-Blume-Talk“.Warum ist der Eine nun aber dazu geneigt ständig, als Needy Hero leben aufzutreten, während die Andere damit gar kein Thema hat? Zum einen kann das an charakterlichen Neigungen liegen, zum anderen spielt es auch eine Rolle als welches Geschwisterkind du geboren wurdest und welche Rolle damit einherging.

Kinder als Symptomträger der Familienstruktur

Menschen mit einem Helfersyndrom hatten es als Kinder schwer, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen. Sie konnten sich kaum abgrenzen, verfügen über einen vergleichsweise geringeren Selbstwert und holen sich ständig Bestätigung und Anerkennung über Andere ein. Aus dem systemischen Kontext weiß man heute, dass Kinder meist die Symptomträger für die innere konflikthafte Familienstruktur sind.

Angst vor Liebesentzug

Das klassische Vorzeigekind ist bspw. darauf aus, den Erwartungen der Eltern zu entsprechen. Es steht unter hohem Leistungsdruck, hat wenig Raum für das eigene kindlich sein und setzt keine Priorität für die eigenen Bedürfnisse. Für das Vorzeigekind ist Abgrenzung kaum möglich, sonst würde es den guten Stand bei den Eltern verlieren und um Liebesentzug oder weniger Aufmerksamkeit fürchten. Dass du also im heute als Needy Hero unterwegs bist, kann stark von den Prägungen aus deiner Kindheit abhängen. Oder aber von der Kultur, in der du aufgewachsen bist, samt den Werten, die dort hochgehalten wurden.

Durftest du dich als Kind abgrenzen?

Genau deshalb empfehle ich dir zu reflektieren, wie sehr du deinen Bedürfnissen nachkommen konntest, ob Abgrenzung erlaubt war und als positiv gewertet wurde. Wurde das Wörtchen „Nein“ zugelassen? Wie gut können sich deine Eltern abgrenzen? Wie gern spielen sie den Helden/die Heldin? Oder wie stark „brauchen“ sie dich und lassen dich das wissen? All diese Fragen darfst du dir mal in einer ruhigen Minute (vermutlich eher Stunde) beantworten.

Löse dich von alten Mustern

Spätestens jetzt weißt du instinktiv, ob auch du vom Helfersyndrom betroffen bist und einen Needy Hero in dir trägst, der auf so sehr auf die Anerkennung im außen hofft. Vielleicht weißt du auch genau, weshalb sich dieses Verhalten bei dir entwickelt hat. Und dennoch fällt es dir schwer, gegen diese alten Muster zu arbeiten. Aus diesem Grund habe ich dir ein paar Fragen zusammengestellt, die knackig sind und es dennoch in sich haben.

Vier Fragen für deinen freiwilligen Einsatz

Wenn du befürchtest mal wieder ins Helfersyndrom abzurutschen und nicht sicher bist, ob du helfen willst oder glaubst es zu müssen, frage dich:
1. Habe ich Lust, dem Anderen zu helfen?
2. Bin ich dafür geeignet und kompetent genug?
3. Bin ich verantwortlich?
4. Bin ich explizit dazu aufgefordert?
Kannst du mindestens drei dieser Fragen mit “Ja” beantworten, kannst du loslegen. Besser wären vier. Alles unter drei darf dich dazu inspirieren, dich im “Nein” sagen zu üben, dich abzugrenzen oder darum zu bitten, die Rahmenbedingungen so abzuändern, dass sie auch für dich passen.

Du musst nicht jedem gefallen

Lerne wieder zu helfen, weil du helfen willst und nicht weil du glaubst, dass du es musst, nur weil du fürchtest es nicht ertragen zu können, dass dich jemand für einen kurzen Moment blöd findet. Sofern das überhaupt der Fall wäre. Versuche die Anerkennung, die du im außen suchst, von innen heraus zu stärken. Dafür braucht es Bewusstsein, den Mut hinzuschauen und auch Spaß an der Veränderung.

Raus aus der Heldenfalle

Im Workshop “Raus aus der Heldenfalle” kannst du dein Wissen rund um das Helfersyndrom vertiefen. Dabei schicke ich dich in viele kleine Reflexionen, die dir dabei helfen nicht nur in der Theorie zu bleiben, sondern in die Umsetzung und damit auch in die Veränderung zu kommen. Zum Schluss wirst du mit einem Hero-Kit ausgestattet, dass dir dabei hilft zwischen freiwilligen und einem unfreiwilligen Einsatz zu unterscheiden.

Selbstbestimmt und authentisch leben

Denn unser aller Ziel ist es doch ein selbstbestimmtes, freies Leben zu führen und dabei gleichzeitig in Verbindung mit anderen Menschen zu bleiben. Glücklicherweise funktioniert das. Und wie genau? Das erfährst du im angeteaserten Workshop oder aber im Rahmen meines 1:1 Mentoring. In diesem Sinne wünsche ich dir super viel Freude beim Helfen aus freien Stücken. Auf diesem Weg schicke ich dir ganz viel Kraft und Vertrauen.

Love,
Nastasja

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