Wie stark wirkt sich eine Schwangerschaft auf die eigene Beziehung aus?
Das erste Baby bringt eine völlig neue Dynamik in eine bestehende Partnerschaft ein. Aber nicht erst dann, wenn das Baby auf der Welt ist, sondern bereits während seiner oder ihrer Entstehung. Besonders die erste gemeinsame Schwangerschaft ist mit vielen Veränderungen versehen. Mit Ängsten, Hürden und auch wunderschönen Momenten. Wie diese Phase empfunden wird, hängt natürlich auch davon ab, wie ein Paar diese Zeit gestaltet und handelt. Aber auch davon, welche Schwangerschaftssymptome und andere äußere Faktoren mit reinspielen. Im Interview mit meinem Partner Moritz haben wir alle brennenden Fragen aus der Community beantwortet und unsere eigene Reise bis zur 40. Schwangerschaftswoche reflektiert.
Überforderung durch positiven Schwangerschaftstest
Mit der Gewissheit, ein Baby zu bekommen, löst das die verschiedensten Gefühle und Gedanken in den werdenden Eltern aus. Je nachdem, ob man es sich gewünscht, bewusst darauf hingearbeitet oder absolut nicht geplant hat. Mein Partner und ich wollten Kinder haben. Trotzdem haben wir den Zeitpunkt nicht geplant und waren dann doch sehr überrascht, als uns die Botschaft erreicht hat. Seither sind gute 8 Monate vergangen und der Geburtstermin unseres Babys steht kurz bevor.
Lästige Schwangerschaftssymptome meistern
Gute 6 Jahre als Paar „allein“ zu sein bedeutet für uns stets viel Zeit für sich selbst, gemeinsame Zeit, Abenteuer, Freiheit und ganz viel Verbundenheit. Mit Beginn der Schwangerschaft änderte sich jedoch so einiges. Alles begann mit den ersten 17 Schwangerschaftswochen voller Übelkeit und Kraftlosigkeit. Von jetzt auf gleich musste mein Mann in die Rolle des Versorgers rutschen. Nicht im traditionellen Sinne, sondern alle möglichen Aufgaben, in die wir uns sonst rein geteilt haben, lagen plötzlich bei ihm. Einfach weil ich so schwach war, dass es nicht anders ging.
Schwangerschaft als unsichtbare Höchstleistung
Glücklicherweise ging diese Zeit nach guten 4 Monaten zu Ende und ich hatte mich selbst wieder. Und obwohl der Rest meiner Schwangerschaft super unauffällig verlief, hatte ich natürlich nicht die gleichen Ressourcen wie sonst. Auch in den letzten Tagen mit Baby im Bauch mache ich die Wäsche, räume auf und kümmere mich um mein Business. Nichtsdestotrotz kreiere ich Tag für Tag ein Lebewesen, dass viel Aufmerksamkeit braucht. Als Schwangere vollbringen wir täglich absolute Höchstleistungen.
Priorität Baby ist gleich Downgrade für die Partnerschaft?
Was aber stellen diese neuen Gegebenheiten mit einer Partnerschaft an? Realtalk, sie stellen sie natürlich auf die Probe. Bereits in der Schwangerschaft wird nämlich spürbar, dass es nicht mehr nur um dich und mich geht. Sondern um ein drittes kleines Wesen, dass vollends auf Unterstützung angewiesen ist. Und zack verschieben sich die Bedürfnisse bzw. die Priorität, wie wir ihnen nachgehen können. Für Moritz und mich bedeutet das im ersten Schritt ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was da eigentlich gerade passiert, was auf uns zukommt und wie wir das gemeinsam angehen wollen.
Ehrliche und offene Kommunikation als Schlüssel zum Liebesglück
Natürlich ist auch hier wieder der Schlüssel zum Glück (und Verhinderer von Katastrophen) gute und authentische Kommunikation. Immer und immer wieder. Während es für mich auch auf emotionaler Ebene wichtig war, Gehör bei meinem Mann zu finden, war es für ihn wiederum von Bedeutung, sich auch dann mit seinen Themen mitteilen zu können, wenn ich weniger Kapazitäten hatte. Was in einer Schwangerschaft „leider“ sehr häufig der Fall ist.
Auch die Bedürfnisse des Partners zählen
Häufig beobachte ich nämlich, dass das Miteinander und die Augenhöhe in Schwangerschaften verloren gehen, weil sich der nicht gebärende Part gar nicht traut, die eigenen Anliegen zu teilen und auch der Raum der gebärenden Person dafür nicht mehr geöffnet wird. Das verstehe ich zu gut. Schließlich gibst du dich als Schwangere den Ansprüchen deines Babys zu 100 % hin und musst mit dem übriggebliebenen Rest für dich irgendwie klarkommen. Das birgt bedauerlicherweise dennoch die Gefahr, dass man einander verliert. Nicht sofort und vollkommen, aber Schritt für Schritt.
Konflikte lassen sich nicht verschieben
Selbstverständlich hilft dabei auch der Gedanke, dass alles nur eine Phase ist. Diese Phase wird jedoch von einer neuen Phase abgelöst aka Wochenbett und Baby zu Hause, was vermuten lässt, dass auch hier neue Challenges auf die Partner bzw. frisch gebackenen Eltern warten. Themen zu verschieben, geht meist nach hinten los. Denn nach der Phase kommt wiederum eine andere, die nicht zwangsläufig weniger anspruchsvoll ist. Deshalb gilt für uns in unserer Beziehung der Grundsatz: Don’t skip, lets talk.
Intimität in der Schwangerschaft
Auch das Intimleben einer Partnerschaft kann mit Baby im Bauch ganz neue Herausforderungen mit sich bringen. Und damit ist nicht nur der Sex gemeint. Nähe und Distanz wird teilweise neu bzw. anders definiert und muss immer wieder feinjustiert werden. Auch hier hängt das Intimleben wieder stark vom Zustand der Schwangeren, des Babys und natürlich auch vom Partner ab. Während ich die Nähe meines Partners normalerweise in vollen Zügen genieße und proaktiv suche, hieß es in den ersten 17. SSW „verkehrte Welt“. Logisch, wenn man bedenkt, dass man auch während eines Magen-Darm-Infekts nicht angefasst werden möchte.
Kombiniert gegenseitiges Verständnis mit wohlwollender Grundhaltung
Egal vor welcher Challenge wir in den letzten Monaten standen, wir haben immer versucht uns in die Welt des anderen einzufühlen. Gegenseitiges Verständnis und Wohlwollen ist einfach das A&O für eine glückliche Beziehung. Wenn wir nämlich davon ausgehen, dass unser Gegenüber etwas mit einer fiesen Absicht tut oder sagt, macht das was mit unserer Grundhaltung dieser Person gegenüber. Dementsprechend fällt dann auch unsere Reaktion aus, was uns in einen Teufelskreis aus negativer Erwartungshaltung und Anschuldigung katapultiert.
Einsamkeit durch hormonelle und körperliche Veränderungen
Trotzdem gab es Momente, in denen ich mich einsam gefühlt habe. Nicht weil mein Partner nicht da war, sondern weil ich mit körperlichen, hormonellen und emotionalen Veränderungen konfrontiert war, die er niemals nachempfinden kann. Einfach, weil das nicht möglich ist. Und das ist okay. Es ist okay, überfordert, traurig oder genervt zu sein. Wichtig dabei ist, wie du und dein Partner damit umgehen. Klar gab es auch Momente, in denen ich aufbrausender war als nötig. Aber diese Situation zu reflektieren, sie zu kommunizieren und sich ggf. zu entschuldigen hilft euch beiden dabei wieder loszulassen. Vergebung und Großzügigkeit helfen euch dabei.
Gemeinsam wachsen statt Ego-Show
Dabei ist nicht nur gemeint, dem anderen zu vergeben, sondern auch sich selbst. Ab und an war ich verdammt neidisch darauf, dass mein Partner nach wie vor er selbst sein konnte, während ich permanenten Wandlungen ausgesetzt war. Gewichtszunahme, Verzicht und andere „Wehwehchen“, die mich teilweise frustriert haben. Manchmal habe ich mir gewünscht, diesen ganzen „Kram“ einfach an ihn abgegeben zu können. Das ist zwar nicht fair, aber menschlich. Und auch er musste sich darin üben, mit mehr Nachsicht auf mich einzugehen und Dankbarkeit zu zeigen. Gemeinsam wachsen ist hier das Mantra.
Wenn aus Liebe, Leben wird
Eine Schwangerschaft braucht die Anpassungsbereitschaft beider Partner an diese neue, besondere Situation. Und damit ist die halbe Miete eigentlich schon getan. Vorausgesetzt, dass auch zuvor in der Partnerschaft klar war, dass man nicht dafür verantwortlich ist, einander glücklich zu machen, sondern immer erstmal vor der eigenen Haustür zu kehren. Umso größer unser Baby geworden ist, desto bewusster wurden wir uns darüber, dass wir nun für immer miteinander verbunden sind. Und dass diese Verbindung gehegt und gepflegt werden soll. Nicht mehr nur für uns als Paar, sondern ab sofort auch für uns als Familie.
Beziehungspflege braucht individuelle Persönlichkeitsentwicklung
Dass wir trotz aller Challenges während der letzten Monaten, samt Rückzug aus Fuerteventura nach Deutschland, noch näher zusammen gerückt sind, haben wir uns über die letzten 6 Jahre erarbeitet. Denn ob schwanger oder nicht, eine Beziehung braucht Pflege. Und diese Pflege beginnt immer bei uns selbst. Und solange wir diese Bereitschaft mitbringen, kommunizieren und die Liebe für einander kontinuierlich beleben, können auch die Schattenseiten einer Schwangerschaft einer glücklichen und gesunden Beziehung nichts anhaben.
Das intensivere und passende Interview mit meinem Partner Moritz findest du außerdem auf Spotify. Viel Spaß beim Reinhören.
Love,
Nastasja
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